- Rund 150 vorwiegend junge Leute demonstrierten vor dem Tagungslokal. Sie befürchten u.a. Einschnitte in der Jugendarbeit. Ein Antrag der Linke, dass Bürger Fragen zum Thema stellen können, wurde abgelehnt.
- Während der Sitzung in der Aula des Beruflichen Schulzentrums wurden Parolen in der Toilette geschmiert. Die Verfasser riefen zur Tötung des AfD-Kreisrats Sebastian Wippel auf. Der Staatsschutz wird die Ermittlungen übernehmen.
„Im Mantel und Sandalen“ - Kreistag Görlitz stimmt Sparkonzept zu
(kmk) Der Kreistag Görlitz hat den Weg frei gemacht für 40 Millionen Euro Finanzhilfe und damit einen genehmigungsfähigen Haushalt. Der Landkreis bleibt handlungsfähig. Die Mehrheit stimmte am Abend mehrheitlich dem Haushaltsstrukturkonzept zu. Das ist die Voraussetzung für die Finanzspritze. Es handelt sich um Geld der kommunalen Gemeinschaft im Freistaat. Daran sind Bedingungen geknüpft. Der Kreis muss 10,8 Millionen Euro sparen, er soll außerdem die Kulturförderung um 10.000 Euro pro Jahr zurückfahren
Der Entwurf für den Doppeletat 2023/ 2024 enthält ein Defizit von rund 90 Millionen Euro. Der Kreistag hatte sich schon zu einer pauschalen Kürzung von 7,2 Millionen Euro durchgerungen. Dafür rückte die Verwaltung von der beabsichtigten Erhöhung der Kreisumlage um zwei Prozent ab. Beschlossen wurde ein Prozent (36 Prozent) Der Landkreis Görlitz ist unverschuldet in die prekäre Lage gekommen, vor allem durch überdurchschnittlich hohe Sozialausgaben.
Landrat Stephan Meyer warb im Sonderkreistag um Zustimmung zum Haushaltsstrukturkonzept. Er bemühte ein Sprachbild: „Der Winter steht vor der Tür. Wir stehen in Sandalen und T-Shirt vor dem Schaufenster, in dem ein Wintermantel hängt. Den Mantel bekommen wir nur, wenn wir weiter in Sandalen laufen.“ Und weiter: „Wenn wir keinen Beschluss fassen und keinen genehmigten Haushalt bekommen, trifft es die Menschen im Landkreis am stärksten.“
Das Konzept sieht erhebliche Einschnitte vor, so z.B. beim öffentlichen Personennahverkehr. Die Leistungen sollen um bis zu 20 Prozent gekürzt, Linien und Fahrten geprüft werden. „Leere Busse können wir uns auf Dauer nicht leisten“, so Finanzbeigeordneter Thomas Gampe. Die Landesdirektion hat auch die Verringerung der Kulturförderung um 10.000 Euro pro Jahr gefordert. Sie könne anderweitig kompensiert werden. Damit komme es da nicht zu Einschränkungen, beruhigte Gampe.
Von der Verwaltung strikt abgelehnt wurden Einschnitte bei der Sportförderung, Kinderarbeit und Jugendpauschale, bei der Weiterbildung wie der Kreisvolkshochschule und Musikschule. „Das machen wir nicht mit“, so Gampe. So wurde es dann auch beschlossen.
Zitate aus der Debatte:
Thomas Zenker. Freie Wähler: „Wir stehen erneut mit dem Rücken zur Wand.“ Nicht das Land helfe mit den 40 Millionen Euro dem Landkreis, sondern die Kommunen im Freistaat. Zenker sieht in der Zuweisung einen Erfolg. „Erstmals wird unsere besondere Lage anerkannt.“
Thomas Pilz, Bündnis/ Grüne kündigte einen Antrag an, um sinnbildlich eine Brücke „nach Dresden“ zu bauen.
Mirko Schultze, Linke: „Wir erkaufen uns ein Jahr Zeit. Aber wo soll dann gespart werden?“ Das strukturelle Problem bleibe. „Für mich ist die rote Linie erreicht, ich möchte mich im Spiegel noch ansehen. Ich kann deshalb dem Haushaltskonsolidierungskonzept nicht zustimmen.“
Jörg Funda, CDU mit Blick auf die Handlungsoptionen für den Landkreis: „Wir haben das Heft des Handelns in der Hand.“ Die CDU-Fraktion werde dem Konzept mehrheitlich zustimmen.
Jörg Domsgen, AfD: „Es gibt weder mit noch ohne dieser Finanzhilfe Aussicht, aus dem Jammertal herauszukommen.“ Er forderte eine Zuwendung ohne Bedingungen. „Was wir heute beschließen sollen, ist nichts anderes als eine faktische Insolvenz in Selbstverwaltung.“
Jens Hentschel-Thöricht, Linke: „Ich halte die Einsparungen im öffentlichen Personennahverkehr für falsch.“


