- Direktorin Carla Marschall zeigt die Box am Schuleingang, die die Handy-Hüllen der Schüler (kl. Foto) verriegeln
- Theda und Elisabeth zeigen vor der Schule ihre Handy-Hüllen, die jetzt Pflicht sind
- So sieht der Magnet aus, der die Handy-Hüllen täglich öffnet und schließt
- Die Schüler müssen beim Betreten der Schule ihre Handy-Hüllen verriegeln
Dresdner Schule führt Handy-Safes ein
Es piept und summt im Klassenzimmer. Bei manchen Schülerinnen und Schülern geht der Blick öfter aufs Handy als an die Tafel. Konzentriertes Lernen? Fehlanzeige!
Deswegen haben Großbritannien, Frankreich oder auch Schweden Handys schon komplett aus der Schule verbannt. Doch in Sachsen muss jede Schule weiterhin ihre eigene Handy-Regel aufstellen - und kontrollieren. Eine einheitliche Regelung lehnt das sächsische Kultusministerium auf Anfrage unsere Senders ab. Weil das Überwachen der Handynutzung in Schulen ganz schön aufwendig ist und von Schülern auch gern umgangen wird, geht die Internationale Schule in Dresden jetzt einen ganz neuen Weg.
Sie schaffte für rund 280 Schüler der 1. bis 12. Klassen kostenlos Handy-Hüllen mit Magnetverschluss an. Der Trick dabei: Der Magnet kann nur in der Schule mit einem Gegenstück geöffnet und geschlossen werden. Heißt: Am Morgen öffnen die Schüler unter Lehrer-Aufsicht ihre Handy-Taschen, das Telefon verschwindet darin - der Magnet verschließt die Hülle. Das Telefon ist unzugänglich wie in einem Safe.
Instagram-Post, Whatsapp-Nachricht - kannste stecken lassen... „Die Schüler haben den ganzen Tag das Handy dabei, aber sie kommen nicht ran“, erklärt Carla Marschall, Direktorin der Internationalen Schule Dresden, die knapp 500 Schüler aus 50 Nationen unterrichtet,
Zwar gab es auch davor schon ein Handy-Verbot, „aber das ist nur schwer zu kontrollieren. Wenn jemand weite Hosen mit tiefen Taschen an hat, kann darin problemlos ein Handy verschwinden“, so Marschall weiter. Auch hunderte Schließfächer für Schüler-Handys anzuschaffen, kam aus Kosten- und Platzgründen für die Schule nicht infrage. Also guckte man sich auf dem Weltmarkt um.
Und fand mit der Firma YONDR einen Hersteller, der seine Handy-Hüllen bereits erfolgreich an amerikanische und britische Schulen, Gerichtsgebäude oder auch Konzertveranstalter verkauft. Bei Weltstars wie Coldplay oder Billie Eilish ist es mittlerweile normal, sein Handy in so einer Tasche einschließen zu müssen bevor es ins Konzert geht. Grund: Die Künstler wollen, dass die Konzertbesucher auch wirklich die Musik und den Moment genießen und nicht nur mit dem Handy filmen.
Daraufhin orderte die Dresden International School 280 Taschen, stellt sie den Schülern kostenlos zur Verfügung. „Wenn jedoch eine beschädigt oder unbrauchbar gemacht wird, müssen die Eltern eine neue Handy-Hülle für 30 Euro kaufen“, so Marschall. Wer selbst bei der Magnet-Hülle tricksen sollte, bekommt sein Telefon ganz weggenommen. Dann müssen es die Eltern am nächsten Tag abholen.
Die Strategie macht sich bezahlt. Deutsch-Lehrerin Conny Brock erzählt: „Der Unterricht ist ruhiger geworden. Vorher hatte ich das Problem, wenn wir mit dem Ipad gearbeitet haben und einige hatten ihn vergessen, durften sie stattdessen ihre Handys benutzen. Wenn die Übung beendet war, blieben einige aber an den Handys. Das gab dann Diskussionen. Mit den Handy-Taschen geht das nicht mehr. So sind wir alle sofort wieder beisammen - der Umgang unter den Schülern ist auch netter geworden.“
Unter den Schülern ist die Begeisterung zweigeteilt. Theda und Elisabeth aus der 9. Klasse finden es „eine gute Idee, das eigentlich schon bestehende Handy-Verbot auch durchzusetzen“. Für sie habe sich jedoch nicht viel geändert, da sie ohnehin selten im Unterricht aufs Handy schauen. Andere finden sich durch die Regelung gegängelt, könnten so z.B. ihren elektronischen Terminkalender tagsüber nicht mehr einsehen.
Wissenschaftlich ist jedoch erwiesen: Ohne Smartphone lernt es sich besser. Die Uni Augsburg wertete gerade fünf Studien aus Norwegen, Spanien, Tschechien, England und Schweden aus, wo Handys bereits aus den Schulen verbannt wurden. Klares Ergebnis: Ein Smartphone-Verbot hat messbare positive Effekte, vor allem auf das soziale Wohlbefinden der Schüler und in geringerem Maß auch auf die Lernleistungen. „Dieses Ergebnis bestätigt die Erfahrungen vieler Lehrkräfte vor Ort: Das Smartphone in der Tasche oder auf dem Tisch kann Lern- und Bildungsprozesse verhindern. Zudem verschlechtern Smartphones das soziale Klima in Schulen, indem sie zwischenmenschliche Konflikte befeuern“, so Tobias Böttger, einer der Autoren der Studie auf der Webseite der Universität Augsburg.
Der sächsische Lehrer-Verband begrüßt, auf Anfrage, zwar die individuellen Handy-Regelungen für jede Schule. Vize-Chef René Michel erklärt jedoch: „Handys im Unterricht können durchaus auch nützlich sein - wenn ich zum Beispiel im Musikunterricht ein Lied anhören will oder ein Video schneiden will, dann können das Schüler mit ihrem Handy viel schneller als mit dem Schul-Computer.“ Es müsse jedoch die Haftung bei der Nutzung von eigenen Geräten für den Schulgebrauch geklärt sein und auch der WLAN-Zugang. Zudem müsse mitunter zwangsweise auf die Schüler-Handys ausgewichen werden, weil es „für 350 Schüler einen Satz Ipads gebe“, so Michel weiter.
Da ist die Internationale Schule Dresden, die sich durch Schulgebühren trägt, besser ausgestattet. Dort wird ein Laptop oder Ipad als Unterrichtsmittel vorausgesetzt. Und, dass das Handy in der Magnet-Tasche verschwindet...



